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Angekommen

Buer und seine Gastarbeiter

Einführende Worte

"Man hat Arbeitskräfte gerufen, und es kommen Menschen"

Max Frisch 1967

Dieses Buch entstand unter Mitwirkung junger Menschen, von Schülerinnen und Schülern der Oberschule in Melle-Buer. Unser Ausgangspunkt sind die Geschichten und Biografien von Menschen, die vor vielen Jahren als Gastarbeiter zu uns kamen – ihre persönlichen Geschichten und subjektiven Sichtweisen. Jede von ihnen hat einen ganz eigenen Hintergrund. Es ist aber auch die Geschichte der…
…Menschen, auf die die Gastarbeiter hier getroffen sind, die Kolleginnen und Kollegen, die Nachbarn, die Ladenbesitzer, die Gastwirte, die Vermieter,… Es sind auch die Geschichten der Familien, der Kinder, der Frauen – Geschichten mit ganz persönlichen Erlebnissen, Gefühlen und Gedanken. Diese oft sehr persönlichen Gespräche sind für uns der Anlass gewesen, weiter zu forschen, uns zu informieren, mit vielen Menschen aus den unterschiedlichsten Bereichen zu sprechen, Zeitzeugen zu finden, die bereit sind, zu erzählen, Persönliches zu schildern, mit beizutragen zu einem Mosaik der Gastarbeitergeschichte, der gemeinsamen Geschichte in Buer. Wir erheben dabei nicht den Anspruch auf Vollständigkeit, verweisen nur an einigen Stellen auf die Darstellung historischer Zusammenhänge und übergreifender Aspekte. Wir möchten, ausgehend von den persönlichen Erzählungen der ehemaligen Gastarbeiter, Facetten unseres Ortes aufzeigen – ein Ort, in dem auch die Geschichten der Gastarbeiter die Entwicklung in den letzten 50 Jahren mit geprägt haben.

Einblicke

Stimmen zum Projekt

Die Jugendredaktion

Anastasija
Ich heiße Anastasija und habe ausländische Wurzeln – diese liegen in Serbien und in Bosnien. Meine Großeltern mütterlicher Seite kamen aus Serbien und mein Vater aus Bosnien und Herzegowina (Republika Srpska)…
Ich bin durch eine Freundin auf das Buchprojekt zur Gastarbeitergeschichte in Buer aufmerksam geworden. Mir macht es in dieser AG sehr viel Spaß. Es ist interessant, die Geschichte von Buer und der ersten Gastarbeiter hier zu erfahren. Die Geschichten werden sehr spannend erzählt, da hört man auch gerne zu. Manche Geschichten sind auch sehr bewegend. Für mich war es auch eine gute Entscheidung, bei dem Buchprojekt mit zumachen. Es ist auch sehr schön zu sehen, welche Menschen man durch das Buchprojekt kennenlernt, zum Beispiel auch Frau Schröder – Köpf. Ich finde, jeder Mensch hat es sich verdient, sein Leben und das seiner Familie besser zu machen, wenn es in seinem eigenen Heimatland Probleme gibt. Jeder sollte gleichberechtigt behandelt und nicht benachteiligt werden. Denn alle Menschen oder Familien, die auswandern oder flüchten, die ihre Heimat verlassen müssen, haben es sehr schwer. Sie müssen nicht nur Arbeit finden, sondern auch die Sprache, die Kultur und das Land kennenlernen. Und das kann auch sehr schwer werden. Daher sollte man immer denjenigen helfen, die die Hilfe auch benötigen. Denn man weiß nie, ob es auf einen selber irgendwann zutreffen könnte.
Bela
Ich habe mich entschieden, an dem Projekt „Angekommen – Buer und seine Gastarbeiter“ teilzunehmen, weil es mich interessiert, mehr darüber zu erfahren, wie und warum die Gastarbeiter damals nach Buer…

 gekommen sind – wie für sie die ersten Eindrücke waren, was sie erlebt haben. Außerdem finde ich gut, dass wir selbst mit den Gastarbeitern und auch Kollegen sprechen und somit ihre Geschichte besser verstehen konnten.

Ich habe von dem Projekt für meine Zukunft gelernt, wie schwierig es für die Gastarbeiter gewesen sein muss ohne Sprachkenntnisse in ein fremdes Land zu gehen, und das auch noch in einem jungen Alter. Was ich auch noch positiv finde, dass man durch so ein Projekt die anderen Kulturen besser kennen lernt – und sie dann auch besser versteht.

Janne
Dieses Projekt interessiert mich, da ich mehr über das Schicksal der Gastarbeiter in Buer erfahren möchte. Außerdem möchte ich mehr über die Geschichte von Buer erfahren. 
 Es gab einige sehr emotionale Momente…
…in dem Projekt, als wir mit Menschen über ihre Geschichte gesprochen haben. Besonders emotional fand ich die Geschichte von Fatma Ümüzer, die als erste Gastarbeiterin nach Buer kam. Manchen war es sogar noch nach all den Jahren anzumerken wie gerührt sie sind. Es war aber auch sehr witzig und es gab sogar einige sehr lustige Geschichten. Zu einer der interessantesten Momente gehört auf jeden Fall die Geschichte von Burhan Batman, da er sehr viel über sein Leben zu erzählen hatte und sehr viele Lebensweisheiten kennt.
 Aus dem Projekt nehme ich mit, dass Integration nicht nur heißt, dass ausländische Menschen in ein fremdes Land einwandern, sondern das Integration oft mit Schicksalsschlägen, Trennung und Schmerz verbunden ist, aber auch mit der Hoffnung auf ein besseres Leben und einen besseren Job.
 Für die Zukunft wünsche ich mir, dass man diese Menschen unterstützt und so fördert, dass sie so gut es geht in unserer Gesellschaft ankommen können.

Lukas

Ich nehme an dem Buchprojekt teil, weil ich mich dafür interessiere, wie die Gastarbeiter nach Buer gekommen sind – und weil ich mehrere türkische Klassenkameraden habe und wissen möchte, wie sie nach Deutschland gekommen sind und wie sie sich hier fühlen. Ich möchte…

…mich gerne mit ihren Lebensweisen vertraut machen, denn die Gastarbeiter kommen aus einem anderen Kulturkreis. Im Nachhinein denke ich darüber nach, wie leicht ich es hier eigentlich habe – und wie schwer es z.B. jemand wie Ali Yildiz hatte – denn er musste in dem Alter, in dem ich jetzt gerade bin, schon alleine im Zug in ein unbekanntes Land fahren. Dazu gehört viel Mut! Ich finde es auch sehr gut, wie die Gastarbeiter von den einheimischen Arbeitern aufgenommen worden sind. 

Während wir an dem Buch und den Plakaten gearbeitet haben,  oder wenn wir Geschichten gehört haben, dachte ich darüber nach: „Kenne ich den einen oder anderen, der noch etwas zum Thema wissen könnte?“ Ich wurde neugierig. Wir haben viele lustige, aber auch traurige Geschichten gehört. Die Geschichten sind immer sehr spannend, da sie einen kleinen, manchmal auch einen großen Lebensabschnitt von einer anderen Person enthalten.

Ich persönlich bevorzuge die direkten Interviews, weil ich ziemlich neugierig bin und immer noch einmal nachhake. Wenn man mit den Leuten redet, kann man sich genau vorstellen, wie es ihnen gegangen ist. Davon habe ich viel mitbekommen.

Resul
Ich nehme an diesem Buchprojekt teil, da ich über meine Vorfahren, die als Gastarbeiter nach Deutschland gekommen sind, mehr erfahren möchte. Da ich zur dritten Generation gehöre, und auch mein Opa, der bereits am 21.07.2012 verstarb, als Gastarbeiter…
…nach Deutschland gekommen ist, interessiere ich mich sehr für ihre Lebensgeschichten. Außerdem reden wir, seitdem ich in diesem Projekt bin, auch viel mehr über die Zeit damals und über unsere Familiengeschichte. Ich fand an dem Projekt am spannendsten, dass Doris Schröder-Köpf als Schirmherrin persönlich an unsere Schule kam, wo wir ihr unser Projekt vorstellten und anschließend mit ihr auch Privatgespräche führen konnten. Mit den Menschen über ihre Geschichten zu sprechen fand ich äußerst interessant und witzig. Am meisten haben mir die Geschichten von „Brenner-Ali“ gefallen, da er sehr witzige Situationen erzählt hat. Für  mich waren die interessantesten Momente im Projekt die verschiedenen Interviews – mit den Gastarbeitern, Arbeitskollegen, Nachbarn, Kindern, usw… da es wirklich sehr interessante Geschichten gab. Am meisten berührt hat mich, dass die meisten Gastarbeiter richtig in die Arbeit „reinhauten“, ohne sich im Klaren zu sein, dass sie damit ihrer Gesundheit schaden. Die haben richtig viel geleistet. Ich habe durch dieses Projekt begriffen, wie selbstbewusst die Gastarbeiter seien mussten, dass sie ohne ein bisschen Deutsch zu können hier hin kamen um zu arbeiten.
Sena
Ich habe an diesem Projekt teilgenommen, weil es mein Interesse geweckt hat. Ich wollte wissen, wie mein Opa nach Deutschland gekommen ist und wie sein Leben hier in Deutschland weiter lief. Ich als „Ausländerin“ habe aus diesem Projekt mitgenommen, …
…dass man den Deutschen nicht unterstellen sollte, sie seinen ausländerfeindlich. Denn sie haben damals die Gastarbeiter ganz nett in ihrem Land aufgenommen. Ich habe aber auch etwas sehr Wichtiges durch das Projekt gelernt: Und zwar, wie schwer es sein kann, als Gast in ein fremdes Land zu kommen, ohne die Sprache zu können… wie schwer es für meinen Opa und seine anderen ausländischen Kollegen war, mit den Einheimischen zu kommunizieren. Das Spannende an dem Projekt war aber, dass wir selber mit den Gastarbeitern ins Gespräch kamen und sie selber interviewen konnten. Wir haben sie in unsere Schule eingeladen oder manchmal haben wir sie auch besucht und konnten direkt von ihren Erzählungen hören. Wenn wir es vielleicht gar nicht direkt von ihnen gehört hätten, sondern von einer zweiten Person, oder nur etwas gelesen hätten, wäre es gar nicht so spannend. Ich fand das gesamte Projekt sehr gelungen. Es ist ein sehr schönes Buch geworden, schöne Plakate sind entstanden. Das Buch wird für mich ein sehr großes Andenken bleiben, welches ich immer aufbewahren werde.

Die Initiator*innen

Uschi Thöle-Ehlhardt

Respekt, Vertrauen, viele schöne Momente und viel gemeinsame intensive Arbeit – das sind die ersten Begriffe, dir mir im Nachklang zu diesem einzigartigen Projekt einfallen. Ein Projekt mit einem ganz besonderem…

…Charakter. Ein Projekt, das in dieser Form mit diesem Ergebnis nicht planbar war, das sich entwickelt hat mit und durch diese vielen verschiedenen Menschen, die beteiligt sind. Es hat nicht nur Zugezogene und Einheimische näher zusammen gebracht, sondern auch verschiedene Generationen mit ganz unterschiedlichen Hintergründen und Geschichten.
Aus der ersten, eher zufällig entstandenen Ideen, ein wenig über die Lebensgeschichten der ersten Gastarbeiter hier bei uns aufzuschreiben, ist ein umfangreiches Buch entstanden – jede der Erzählungen gab Anlass zum Nachfragen, zum Recherchieren, Anlass für neue Gesprächspartner und neue Kontakte. Beeindruckend für mich als Pädagogin, die seit über 30 Jahren mit jungen Menschen arbeitet, waren das Interesse und die Intensität, mit der die Schülerinnen und Schüler dieses Projekt gestaltet haben.
Im Laufe der Zeit durften wir Menschen sehr nahe kommen, durften Vertrauliches und Persönliches aus ihrem Leben erfahren. Diese persönliche Nähe, dieses Vertrauen, das sich in den letzten 2 Jahren entwickelt hat, ist manchmal unter die Haut gegangen – anders kann ich es nicht ausdrücken.
Ich bin dankbar dafür, dass ich Teil sein durfte dieser Arbeitsgruppe, diese Projektes, das von Menschen getragen wurde, die allesamt mit Engagement und Herzblut bei der Sache waren. Nur dadurch entsteht so etwas wie dieses Buch. Selbst der letzte Schritt zu diesem Buch, nämlich die Umsetzung der vielen Texte, Bildmaterialien und Informationen in ein eigenes, passendes Layout wurde mit viel Kreativität, Einsatz und Herzblut umgesetzt.
Viele Projekte habe ich schon begleitet und aufgebaut – dieses hier ist für mich ein ganz besonderes!

Vahdettin Kilic
Im Jahre 2001, zum 40-jährigen Jubiläum des deutsch-türkischen Anwerbeabkommens von 1961, hatte ich das erste Mal die Idee, die Biografien der Gastarbeiter zu erfassen und mit Bildern auszustellen. Ich, als Vertreter…
…der 2. Generation, bekam schon früh am Rande mit, wenn die Eltern sich bei ihren gegenseitigen Besuchen die Geschichten von ihrer Ankunft erzählten. So fing ich an, die erste Biografie über meinen Vater zu schreiben. Es folgten dann einige andere. Über den Arbeitskreis „Buer integrativ“ stieß ich dann auf eine aktive Gruppe, die im Rahmen eines Kulturfestes in Buer 2009 die ersten „kleinen“ Biografien ausstellte. Als diese dann auch in der Schule gezeigt wurden und bei Jugendlichen auf positive Resonanz stießen, entstand die Idee, daraus ein „kleines“ Buch zu machen – gemeinsam mit Bueraner Jugendlichen – so ist daraus inzwischen ein wirklich umfangreiches und großartiges Projekt entstanden. Die Geschichten der ersten Gastarbeiter sind sehr vielfältig. Deshalb müssen diese aufgenommen und dokumentiert werden, so lange wir noch Gastarbeiter der ersten Generation unter uns haben, da sie uns leider nach und nach verlassen. Schon einige dieser Menschen, deren Geschichten wir aufgenommen haben, sind leider nicht mehr bei uns, wenn wir das Buch nun präsentieren, da sie während unserer Projektarbeiten nach und nach verstorben sind. Als kleiner Trost bleibt, dass sie unsere Arbeit noch erleben konnten und wissen, dass sie in unserem Buch ihren Platz haben. Da ich auch selbst ein Gastarbeiterkind bin, fühle ich mich mit der gesamten Projektarbeit emotional verbunden. Schließlich ist es für mich nicht nur eine Auseinandersetzung mit der Geschichte der Eltern, sondern auch mit der eigenen und der meiner Kinder. Aber es ergab sich bei den vielen Recherchen, dass auch die Geschichten der Einheimischen, der Nachbarn, Arbeitskollegen, Mitschüler, Lehrer zum Thema wurden – eigentlich ist es die gemeinsame Geschichte aller hier im Ort. Außerdem wurde mir im Lauf der Arbeit an dem Projekt bewusst, wie wenig ich von den Gastarbeitern hierzulande wusste. Während der Entstehung des Buches habe ich enorm viel gelernt und erfahren. Die eine oder andere Erinnerung meiner Eltern, die ich vorher nicht kannte, tauchte auf und bereicherte mich. Ich bin froh darüber, dass solche Erfahrungen nun endlich verewigt werden. Die nächsten Generationen werden ihre Vorfahren auf vielfältige Weise kennen lernen und so ihre eigene Geschichte wahrnehmen können. Das bezieht sich selbstverständlich nicht nur auf die Gastarbeiternachfahren, sondern ebenso für die deutschen Bürger in Buer und Umgebung. Denn sie lebten und leben friedlich zusammen. Dieses Buch ist auch als Dank an meinen Vater zu verstehen. Um für uns eine bessere Zukunft zu ermöglichen, war er so mutig und hat viele Strapazen auf sich genommen. Eine dieser Strapazen war die eine beschwerliche Reise in ein völlig unbekanntes Land. Bürokratische Hürden in der Türkei und in Deutschland waren eine weitere Herausforderung für ihn. Man könnte diese Liste sicher noch fortführen, doch das führt an dieser Stelle zu weit. Es ist aber auch der Dank und die Wertschätzung an andere Beteiligte, die mir auf ihre Art geholfen haben anzukommen – zum Beispiel Herr Preuß, unser Lehrer, der den Grundstein gelegt hat für meine weitere schulische und berufliche Laufbahn. Ruksan Zilgir, unsere Türkischlehrerin, die immer an mich geglaubt und mich ermutigt hat, die Empfehlung für die Realschule zu schaffen. An unseren damaligen Vorbeter Durmus Kaplan, der ein Beispiel dafür ist, wie gut ein Vorbeter (Hoca) mit Jugendlichen auskommen kann. Horst Panchyrz, der mich als Mitglied im Deutsch-türkischen Arbeitskreis Melle aufnahm und anschließend in den Vorstand führte. Er vermittelte mir Freude an der Vereinsarbeit, wodurch meine weiteren ehrenamtlichen Tätigkeiten entstanden. Nicht zu vergessen Ingbert Schmidt und Andreas Krukemeyer, denen ich mein Engagement beim Fußball für Kinder und Jugendliche verdanke. Dass in diesem Projekt auch junge Menschen eine große Rolle spielen, ist beeindruckend. Ihr Interesse an dieser gemeinsamen Geschichte zu spüren erstaunt mich, macht mich aber auch stolz und zuversichtlich. Dieses Buchprojekt ist ein Beispiel dafür, was man in der Lage ist zu schaffen, wenn man die Kräfte (Stärken) vereint – wie auch im Arbeitskreis „Buer integrativ“. Es gibt Phasen im Leben eines Gastarbeiterkindes, da vergisst man, dass man ausländischer Herkunft ist. Vorfälle wie Solingen oder aktuell NSU machen einem deutlich, dass man aufgrund seiner Herkunft manchmal zum Opfer werden kann. Wenn ich das Bild des verbrannten Hauses in Solingen sehe, schmerzt es mich heute noch. Deshalb ist es umso wichtiger, dass die Einheimischen und die Menschen mit Migrationshintergrund aufeinander zugehen. Ich bin stolz, dass ich ein Teil dieses Projektes sein durfte. Ein großer Dank geht an Uschi Thöle-Ehlhardt und Annegret Tepe, die mich ermutigt haben, das Vorhaben von 2001 zu verwirklichen. Ursprünglich bestand die Idee, lediglich eine Biografienausstellung aufzubauen, ein kleines Heft dazu herauszugeben. Daraus wurde jedoch – zum Glück – ein Mammutprojekt, das sich in irgendeiner Form auch verselbständigte und eine Eigendynamik entwickelte. Es kamen immer interessantere, witzige, spannende und neue Bauteile dazu – nicht auch zuletzt durch die direkten Kontakte mit den jungen Menschen, die anders wahrnehmen, die anders fragen, die vielleicht unbedarfter und auch direkter sein können. Wir haben oft bis an unsere Grenzen gearbeitet – mit viel viel Freude, Begeisterung und Eifer. Dieses fertige Buch in den Händen zu halten und es meinem Vater persönlich übergeben zu können, bedeutet mir unglaublich viel. Cem Karaca (türkischer Rocksänger und Komponist) fasst in einem seiner Lieder kurz und treffend die Thematik unseres Buches zusammen: „Es wurden Arbeiter gerufen, doch es kamen Menschen“.
Annegret Tepe
Knapp zwei Jahre haben wir mit Jugendlichen ehemalige Gastarbeiterinnen und Gastarbeiter, ihre Familien, Arbeitskollegen, Nachbarn, Lehrer, Gastwirte usw. aus Buer interviewt, um die Erinnerungen dieser Zeitzeugen…
…in einem Buch festzuhalten. Von den Gastarbeitern der ersten Stunde erfuhren wir, wie alles anfing, wie sie angeworben wurden, wie sie arbeiteten, wie sie sich fremd fühlten. Sie erzählten von ihren Erfahrungen, Ängsten und Hoffnungen. In den Interviews gewährten sie uns sehr persönliche Einblicke in ihr Privat- und Berufsleben und auch in ihre sehr privaten Foto-Alben. Zu den Gesprächen sind viele zu uns gekommen oder wir sind zu Ihnen nach Hause gefahren oder haben sie am Arbeitsplatz aufgesucht. Immer wurden wir sehr herzlich aufgenommen und unsere Fragen wurden geduldig beantwortet. Durch ihre Erzählungen habe ich großen Respekt gewonnen vor diesen Menschen, die damals allein als Fremde nach Deutschland gekommen sind – die ihre Heimat, ihre Familien, Frauen, Eltern und Kinder verließen und diese oft über mehrere Jahre nicht sehen konnten. Das alles, um ihnen durch ihre Arbeit in Deutschland ein besseres Leben in der Heimat zu ermöglichen. Es sind bewegende Lebensgeschichten die wir während der Interviews erfuhren, Geschichten zum Nachdenken, manchmal zum Lachen, und manchmal zum Weinen. Geschichten so emotional und eindrucksvoll erzählt, dass sie mich tief berührt haben. Beeindruckt haben mich auch die Akzeptanz und der wertschätzende Umgang durch die deutschen Arbeitskollegen, Lehrer und Nachbarn gegenüber der anderen Kultur und die Hilfsbereitschaft gegenüber den damals noch Fremden. Heute sind aus den Fremden vielfach Freunde geworden, die respektvoll und, wie wir miterleben konnten, humorvoll miteinander umgehen. Unvergessen bleiben für mich diese schönen Momente während der gemeinsam geführten Interviews. Ganz herzlich bedanken möchte ich mich bei allen, die an der Entstehung des Buchprojektes beteiligt waren: – bei den Jugendlichen Anastasija, Bela, Janne, Lukas, Resul und Sena für ihr Engagement, ihre Ideen und die viele Freizeit, die sie investiert haben. – bei Vahdettin Kilic, Ursula Thöle-Ehlhardt und Angelika Grobe für unsere gemeinsame Arbeit und die vielen Recherchen und Hintergrundinformationen. – und ganz besonders bei Lukas Ehlhardt für die vielen Stunden der kreativen Unterstützung und dafür, dass er das Buch letztendlich in die Form gebracht hat, die unsere Arbeit bildlich und gestalterisch widerspiegelt. Das Projekt hat mich bis zum Schluss fasziniert und mein Interesse für neue Recherchen geweckt.

Preise und Auszeichnungen

bfdt
2014

Netzwerk Jugendhaus Buer e. V. in Hannover vom „Bündnis für Demokratie und Toleranz“ geehrt – Lob von Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz

Während eines Festaktes im Mosaiksaal des Neuen Rathauses in Hannover zeichnete das „Bündnis für Demokratie und Toleranz – gegen Extremismus und Gewalt“ (BfDT) am Donnerstagabend zehn Vereine, Verbände und Institutionen aus Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen als vorbildlich für ihr zivilgesellschaftliches Engagement in Deutschland aus – darunter das Netzwerk Jugendhaus Buer e. V. für das Buchprojekt „Angekommen – Buer und seine Gastarbeiter“.

Sie fördern das Miteinander in unserem Land – und zwar auf ihre eigene, besondere Weise. Und Sie schützen damit unsere demokratischen Werte“, würdigte die Niedersächsische Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz in ihrer Laudatio die Leistungen der Preisträger. Dieser Schutz sei an vielen Orten und insbesondere dann unverzichtbar, wenn demokratische Werte missachtet, Menschenrechte negiert oder die Gleichwertigkeit von Menschen in Frage gestellt würden.

Netzwerk Bildung
2016

Das Netzwerk Bildung zeichnet das Verständnis weckende Projekt des Vereins "Netzwerk Jugendhaus Buer e.V." in Kooperation mit Schülerinnen und Schülern der Lindenschule Buer für ein besseres Miteinander in Melle-Buer aus.

von links:
Werner Hülsmann, Integrationsbeauftragter des LK Osnabrück, Peter Meyer, Konrektor Lindenschule Buer, Ursula Thöle-Ehlhardt, Projektleitung beim Netzwerk Jugendhaus Buer e.V., Janne Saßenberg, beteiligte Schülerin am Projekt, Annegret Tepe,  AG-Leiterin an der Lindenschule, Michael Prior, Geschäftsführer der Bohnenkamp-Stiftung

Vier Bildungseinrichtungen aus der Stadt und dem Landkreis Osnabrück wurden bei einer Feierstunde am 29. September 2016 vom Netzwerk Bildung –Stiftungen für die Region Osnabrück – für ihr Engagement zum Thema „Vielfalt“ ausgezeichnet worden sind.
Wie lässt sich Bildungsgerechtigkeit konkret umsetzen? Wie wird individuelle Förderung von leistungsschwachen und -starken Kindern besser möglich? Wie können Lehrer, Erzieher und Eltern bei aller Buntheit in Gruppen und Klassenverbänden Kindern Halt geben? Wie können solche Konzepte gestaltet werden, dass wirklich alle mitgenommen werden? Mit diesen Fragen hatte das Netzwerk Bildung unter dem Stichwort „Ein Plus für mehr Wir“ im Frühjahr Bildungseinrichtungen gebeten, ihre innovativen Konzepte dazu einzureichen, wie sie Vielfalt – im Sinne von Integration und Inklusion – im pädagogischen Alltag leben und fördern.
Eine Experten-Jury hat aus den 23 eingereichten Vorschlägen vier Projekte ausgewählt, die nun im Museum am Schölerberg öffentlich vorgestellt wurden. „Mit der feierlichen Auszeichnung trägt das Netzwerk Bildung seinem Anliegen Rechnung, vorbildliche Projekte in die Öffentlichkeit zu tragen“, sagt Michael Prior als Sprecher des Netzwerks Bildung – Stiftungen für die Region Osnabrück. „Ich freue mich über das unterschiedliche Spektrum der Projekte“, ergänzt Prior, der zugleich Geschäftsführer der Friedel & Gisela Bohnenkamp-Stiftung ist.
Eine Siegprämie von 2.500 Euro erhielten jeweils das Ernst-Moritz-Arndt Gymnasium, die Hasetalschule Quakenbrück, die Maiburg Grundschule Bippen und das Netzwerk Jugendhaus Buer. e.V.. Obwohl ihre Projekte allesamt unterschiedlich waren, hatten sie trotzdem eines gemeinsam: Vielfalt im Schulalltag leben.
Als Integrationsbeauftragter des Landkreises Osnabrück hält Werner Hülsmann die Laudatio für das Buchprojekt „Angekommen – Buer und seine Gastarbeiter“ des Netzwerks Jugendhaus Buer e.V.. Für das Buch recherchierten Schülerinnen und Schüler der Oberschule Buer im Alter von 14 bis 16 Jahren die Lebensgeschichten der ersten Gastarbeiter, die nach Buer gekommen waren. Damit stehe das Buchprojekt beispielhaft für das Ziel des Vereins, Jugendliche und junge Erwachsene bewusst in die Mitverantwortung für ihre Freizeit- und Lebensbedingungen einzubeziehen.
Unterstützt werden die ausgezeichneten Projekte vom Netzwerk Bildung mit jeweils 2.500 Euro. Diese werden nicht nur für laufende Kosten verwendet, sondern beispielsweise vom Netzwerk Jugendhaus Buer für die Fortführung der Idee – ein zweites Buch ist bereits in Planung. Es soll vor allem Gastarbeiterinnen in den Fokus nehmen.
Im Netzwerk Bildung haben sich 15 Stiftungen zusammengeschlossen, die die Zukunftschancen von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen verbessern möchten.
Weitere Informationen unter: www.netzwerk-bildung-os.de
Medienkontakt, Text und Fotos: Dr. Marie-Luise Braun, Tel. 0541. 68 53 336, presse@netzwerk-bildung-os.de